Das Ende des Nazi-Oberbürgermeisters Ludwig Pösl – Eine folgenschwere Verwechslung? 

Ludwig Pösl (1903-1945), kaufmännischer Angestellter und NSDAP-Mitglied seit 1929, war bei seinem Amtsantritt 1933 in Schweinfurt der jüngste Oberbürgermeister im Deutschen Reich. Über mehrere Jahre hinweg fungierte er auch als stellvertretender Gauleiter Mainfrankens und gehörte dem nationalsozialistischen Reichstag an. Im dritten Kriegsjahr meldete er sich freiwillig zur Waffen-SS, wurde aber aufgrund eines Herzfehlers nur für „gvH = garnisionsverwendungsfähig Heimat“ erklärt. Pösl blieb folglich Oberbürgermeister in Schweinfurt, widmete sich nun aber mit umso größerem Elan seinem Nebenamt als örtlicher Luftschutzleiter. So richtete er etwa nach dem verheerenden Angriff am 14. Oktober 1943 in der Goetheschule (heutige Friedrich-Fischer-Schule) eine „Auffangstelle für Fliegergeschädigte“ ein. Angesichts des raschen Vorrückens der Alliierten erkannte er offenbar im Frühjahr 1945 die Sinnlosigkeit der angeordneten Verteidigungsmaßnahmen. Nach dem Rückzug von Wehrmacht und Kreisleiter aus Schweinfurt übergab er daher am Morgen des 11. April die Stadt persönlich an die US-Armee, obgleich er als hochrangiger Nationalsozialist durchaus Repressalien zu befürchten hatte. 
Pösl wurde dann, wie die übrige männliche Bevölkerung im wehrfähigen Alter, in der Goetheschule verhört und interniert. In den frühen Morgenstunden des 12. April sahen Zeugen jedoch, wie das ehemalige Stadtoberhaupt sich von einem Dachfenster des Schulgebäudes kopfüber in den Hof stürzte. Jegliche Warnrufe und die eingeleiteten Hilfsmaßnahmen nach seinem Sprung kamen zu spät. Sein Tod „unter tragischen Umständen“, wie es in den Akten heißt, ist bis heute nicht restlos aufgeklärt. Angeblich hatte Pösl unmittelbar zuvor die Nachricht vom vermeintlichen Freitod seiner Frau und seiner beiden Kinder erreicht. Womöglich handelte es sich hierbei schlicht um eine Verwechslung: Aus den im Stadtarchiv verwahrten Sterberegistern geht hervor, dass beim Einmarsch der US-Amerikaner nicht die Ehefrau des OBs, sondern die im achten Monat schwangere Witwe des ehemaligen Bürgermeisters Dr. Konrad Raithel samt ihren beiden Töchtern im Alter von 3 und 6 Jahren Suizid begangen hatte.