„Kraft durch Freude“ im Gemeindehaus und der Luftangriff vom 14. Oktober 1943

Lale Andersen hinterließ bei ihrem denkwürdigen Schweinfurter Auftritt einen Eintrag im Gästebuch des evangelischen Gemeindehauses mit Autogramm und dem vielsagenden Ausspruch „Das muss man alles verstehen!“ Keine zehn Tage später lag die beliebte Spielstätte nach dem verheerenden US-Luftangriff vom 14. Oktober 1943 in Trümmern. Errichtet 1929 zusammen mit der evangelischen Gustav-Adolf-Gedächtniskirche, bot das direkt angrenzende Gemeindehaus in seinem großen Saal einstmals Platz für etwa 600 Besucher. Nach 1933 übernahm die NS-Kulturorganisation „Kraft durch Freude“ (KdF) hier die Veranstaltungsorganisation, auch wenn das Gebäude formal im Eigentum der Kirche verblieb. Zahlreiche internationale Bühnenstars der 30er Jahre kamen daraufhin nach Schweinfurt, darunter die Ausdruckstänzerin Gret Palucca, das „Quartetto di Roma“ oder die „Comedian Harmonists“, allerdings hier schon unter den von den NS-Behörden 1935 verordneten deutschen Namen „Meistersextett“. Mit Kriegsbeginn nahmen die Vorträge verdienter Offiziere, Ritterkreuzträger und U-Bootkommandanten zu, um den Durchhaltewillen der Bevölkerung zu stärken. Der Bombenangriff im Oktober 1943 traf die Kirche und das in der Nähe von Industrieanlagen gelegene Gemeindehaus. Der einst „schöne Saal“ und der vorgelagerte Säulenportikus hatten sich mit den Worten des dortigen Pfarrers Heinrich Schorn in einen „Trümmerhaufen“ verwandelt. In den letzten Kriegsjahren brachte man hier noch Zwangsarbeiter unter unwürdigen Umständen unter. Am 11. April 1945 zog schließlich die siegreiche US-Armee an der zerstörten Kirche und dem Evangelischen Gemeindehaus vorbei. Der Krieg war zu Ende! Umgehend begann der Wiederaufbau, maßgeblich vorangetrieben durch Pfarrer Heinrich Schorn und seine Helfer, die unermüdlich den Schutt aus den zerstörten Gebäuden räumten. Drei Jahre nach Kriegsende war die Kirche notdürftig wiederhergerichtet. 1955 erstand schließlich auch das direkt anschließende Gemeindehaus in schlichterer Form neu — und steht seitdem immer wieder auch für vielfältige kulturelle Nutzungen zur Verfügung.

O-Ton

Zeitzeuge Dietrich Schorn, Sohn des Pfarrers Heinrich Schorn und später selbst Pfarrer an Gustav-Adolf-Kirche, erinnert sich